Entwicklung und Erprobung digitaler Services mit Hilfe des ko-kreativen Ansatzes
Die Digitalisierung und Datafizierung in praktisch allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglicht die Entwicklung völlig neuer Services und Geschäftsmodelle. In smarten Städten und Regionen fährt der ÖPNV „on demand“ und wählt dabei die cleverste Route, digitale Champions in Industrie und Wirtschaft sparen z.B. mit Hilfe prädiktiver Wartung ihrer Maschinen und Anlagen gutes Geld. Und universitäre Forschung und Lehre findet nicht nur im Hörsaal, sondern auch im virtuellen Begegnungsraum statt. Parallel zur digitalen Transformation verändert sich aber auch der Weg, wie die Lösungen entstehen. Hier bietet die Smart Campus Initiative mit dem ko-kreativen Ansatz ein agiles Format, in dem unterschiedliche Akteure zielführend zusammenarbeiten. Einbezogen werden nicht nur Mitarbeitende und Studierende des gesamten Bildungscampus, sondern auch externe Ideengeber*innen, wie kommunale Einrichtungen und privatwirtschaftliche Unternehmen. Um langfristig tragfähige, datengestützte Servicekonzepte zu entwickeln, verbindet der ko-kreative Ansatz der Smart Campus Initiative wissenschaftliche Methodik mit den realen Herausforderungen vor Ort. Dabei werden in drei aufeinander aufbauenden Phasen zahlreiche Fragestellungen erörtert und Lösungsansätze erprobt.
Interdisziplinäre Teams sichern vielfältige Perspektiven und Lösungsansätze
Mit dem ko-kreativen Ansatz werden Expert*innen aus unterschiedlichen Fachgebieten und auch potenzielle Nutzer*innen von Anfang an in den Prozess integriert. Das sichert, unabhängig von der Problemstellung, den interdisziplinären Meinungsaustausch und fördert somit eine breite Lösungskompetenz. Die aktive Einbindung aller Teilnehmenden während des gesamten Prozesses ist zentraler Bestandteil, um frühzeitig wichtige Fragen und divergierende Anforderungen an eine adäquate Lösung zu klären. Diese können von der grundsätzlichen Herangehensweise über Investitionen bis hin zum Datenschutz reichen. Gerade bei komplexen Herausforderungen können so passgenaue Lösungsansätze gefunden werden. Die Smart Campus Initiative hat dabei nicht den Anspruch, marktreife Lösungen zu entwerfen, sondern zielt auf die Entwicklung und Testung von Servicekonzepten und erster -prototypen ab.
Was kann der ko-kreative Ansatz leisten und wie funktioniert er im Detail?
Um neue, datengestützte Services zu entwickeln, nutzt der ko-kreative Ansatz moderne Managementtechniken wie agiles, iteratives Arbeiten. Gemeinsam werden innovative Ideen formuliert und prototypisiert, die frühzeitig im realen Umfeld getestet und schrittweise verbessert werden. Die Smart Campus Initiative begleitet diesen Prozess von Anfang an wissenschaftlich und methodisch. Einsatzfelder für datengestützte Services gibt es viele, zum Beispiel für die smarte Arbeitsplatzbuchung in Bibliotheken, Literatursuche mit Hilfe von Augmented Reality, Automatisierung in der Grünpflege oder im Bereich Predictive Maintenance. Projekte aus der Smart Campus Initiative finden Sie hier.
Phase 1: Gemeinsame Herausforderungen erkennen
© AdobeStock (1) engel.ac, (2) Bilderjetmedi, (3) alexx_60, (4) ekostsov
Co-Exploration
Ziel dieser ersten Phase ist es, Herausforderungen, Trends und Gestaltungsfelder zu erkennen, die durch die Nutzung digitaler Technologien gelöst bzw. optimiert werden können. Der Anstoß hierfür kann von Akteur*innen des Bildungscampus kommen oder von externen Auftraggeber*innen an die Smart Campus Initiative herangetragen werden. Durch umfangreiche Recherchen, Workshops und erste Experteninterviews wird das Potenzial des jeweiligen Gestaltungsfeldes ausgelotet. Gemeinsam wird überlegt, ob datengestützte Services einen Mehrwert liefern könnten und die kollaborative Entwicklung und Erprobung im Rahmen eines eigenständigen Projekts zielführend sein kann. Hierbei identifiziert die Smart Campus Initiative nicht nur gegenwärtige Trends, sondern bewertet auch Faktoren wie Budget, Zeit und Personal, um eine Einschätzung bzgl. des Aufwandes in Relation zum gewünschten Ziel zu geben. Fällt die Einschätzung des Projektteams positiv aus, wird die Phase 2 des ko-kreativen Ansatzes, die Co-Innovation, eingeleitet.
Phase 2: Gemeinsame Lösungen entwickeln und testen
© (1) AdobeStock – ValeriiHoncharuk/Pond5, (2-4) Fraunhofer IAO, (3) Ludmilla Parsyak
Co-Innovation
Die eigentliche Entwicklung der datenbasierten Servicekonzepte und -prototypen findet in Phase 2 des ko-kreativen Ansatzes statt. Bunt gemischte Gruppen mit unterschiedlichen, sich ergänzenden Kompetenzen werden gebildet. Potenzielle Nutzer*innen werden weiterhin stark in den Prozess eingebunden. Deren Verständnis und Akzeptanz sind am Ende ausschlaggebend für den Erfolg des gesamten Projektes. Diese Phase ist in vier übergreifende Bereiche gegliedert, die sich so lange wiederholen, bis das gewünschte Ergebnis erreicht wird. Am Ende steht ein Proof of Concept, auf dessen Grundlage entschieden wird, ob sich das Servicekonzept in der Praxis realisieren lässt.
Co-Empathize
& Co-Define
Co-Ideation
& Co-Design
Co-Prototyping
Co-Testing
Identifikation mit der Zielgruppe
Hier werden die Bedürfnisse der Nutzer*innen und deren Umfeld analysiert. Ziel ist eine ganzheitliche Sichtweise der Problemstellung und das Erkennen von Bedarfen der späteren Nutzer*innen.
Erstellen der Grundkonzeption
Mit Hilfe verschiedener Kreativmethoden werden möglichst viele Perspektiven eingenommen und
Ideen konkretisiert. Dabei werden alternative Entwicklungen durchgespielt, erste Prototypen
skizziert und verschiedene Szenarien verglichen. Das Servicekonzept erhält Konturen und die Umsetzung wird geplant.
Entwicklung konkreter Prototypen
Hier wird das zuvor skizzierte Servicekonzept prototypisch umgesetzt, dies kann sowohl in einem Mock-up, einem Minimal Viable Product oder einer Skizze sein. Das übergeordnete Ziel ist es, die konzeptionelle Idee zu veranschaulichen und wichtige Funktionalitäten des Service zu konkretisieren, um im nachfolgenden Co-Testing den Mehrwert des Service genau abschätzen zu können.
Testen des Servicekonzepts
In einer vorher festgelegten Umgebung werden Funktionalität, Verständnis und Akzeptanz getestet. Fundierte Testergebnisse und ein direktes Feedback potenzieller Nutzer*innen sind entscheidend für die weitere Entwicklung. Je nach Ergebnis werden vorherige Phasen erneut durchlaufen oder es wird die abschließende Gesamtbewertung eingeleitet.
Phase 3: Gemeinsame Bewertung der Ergebnisse
© (1-2) Fraunhofer IAO, (3) AdobeStock – Dabarti, (4) AdobeStock – Natalia
Wird das angestrebte Ziel durch den Einsatz des entwickelten Servicekonzeptes erreicht? Und wenn ja: welche Investitionen sind dafür notwendig und wie gestaltet sich der zeitliche Ablauf der Umsetzung? Ob und in welcher Form das bis hier hin erprobte Servicekonzept für den operativen Betrieb weiterentwickelt wird, entscheidet sich in Phase drei.
Co-Concep-
tualization
Planung und Vorbereitung der Umsetzung
Unter Beteiligung aller Akteure werden sowohl Möglichkeiten zur Implementierung des Servicekonzepts in den operativen Betrieb erarbeitet, notwendige Handlungsschritte abgeleitet, als auch der personelle, zeitliche und finanzielle Aufwand eruiert. Möglich ist sowohl die Weitergabe des Projekts an externe Dienstleister als auch die weitere Entwicklung des Prototyps als größer angelegtes Projekt auf dem Bildungscampus oder im Unternehmen.
Co-Evaluation
Bewertung des Servicekonzepts
Es wird geprüft, inwieweit ein Wert für die entsprechenden Kundengruppen generiert wird, welche Faktoren erfüllt sein müssen, um ein tragfähiges Geschäftsmodell zu konzipieren und inwiefern das entwickelte Konzept skaliert werden kann. Im Idealfall ist die Grundstruktur des Servicekonzepts
auf andere Bereiche übertragbar.
Die mobile Infrastruktur ermöglicht hohe Flexibilität und Nähe zum Anwendungsfall.
Für die unmittelbare Nähe zum Anwendungsfall und für ein schnelles Verständnis des jeweiligen Umfeldes, wird ein autark einsetzbares mobiles Labor entwickelt. Es bietet das notwendige Equipment für die Entwicklung datengestützter Servicekonzepte, von Sensorik-Werkstatt über Datenanalyse- und Visualisierungswerkzeugen bis hin zu Service-Mapping-Tools. Zugleich ist es der zentrale Ort, an dem die Entwicklungsschritte zusammengeführt und ausgewertet werden. Der ko-kreative Ansatz wird so von Anfang an optimal unterstützt.
Janika Kutz
Telefon: +49 711 970-5259
E-Mail: janika.kutz [at] iao.fraunhofer.de
Philipp Göbels
Telefon: +49 711 970-5268
E-Mail: vincent-philipp.goebels[at]iao.fraunhofer.de